Allreal-CFO Marc Frei blickt im Interview auf das vergangene Geschäftsjahr zurück und erklärt, wie das Unternehmen mit den drei Kernkompetenzen Immobilien, Entwicklung und Realisation Mehrwert schafft.
Allreal hat 2023 ein Unternehmensergebnis im Rahmen der Erwartung erzielt. Sind Sie zufrieden?
Das operative Unternehmensergebnis von CHF 122.0 Mio. ist ein gutes Resultat, insbesondere im Hinblick auf das anspruchsvollere Geschäftsumfeld mit den gestiegenen Zinsen. Positiv sind die höheren Mieterträge bei einem im Vergleich zum Vorjahr nur leicht höheren Liegenschaftenaufwand und unsere aktive Bewirtschaftung des Portfolios.
Sie haben das anspruchsvollere Geschäftsumfeld erwähnt. Wie äussert sich dieses?
Die höheren Zinsen sorgen für einen zunehmenden Nettofinanzaufwand. Diesen können wir mit den gestiegenen Mieteinnahmen nur teilweise kompensieren. Das veränderte Zinsumfeld spüren wir aber auch in der Bewertung des Portfolios. Inklusive des Neubewertungseffekts resultierte ein tieferes Unternehmensergebnis von CHF 65.2 Mio. Der Neubewertungseffekt lag in der Berichtsperiode bei CHF –64.5 Mio. Im Verhältnis zum Gesamtwert des Portfolios ist der Effekt aber gering und bestätigt die grundsätzlich hohe Qualität unserer Liegenschaften. Gleichzeitig steigen mit den höheren Zinsen auch die Renditeerwartungen, was zu Preisdruck im Transaktionsmarkt führt. Und nicht zuletzt bremsen sie auch die Bautätigkeit, die zusätzlich durch die hohe Regulierungsdichte erschwert wird.
Im Segment Immobilien hat Allreal die Mieterträge gesteigert. Was waren die Gründe dafür?
Die Mieterträge nahmen um 2.6% auf CHF 219.8 Mio. zu, und dies trotz dem Verkauf zweier Liegenschaften in Basel im Vorjahr und dem Verkauf einer Liegenschaft zur Jahresmitte. Vor allem zwei Gründe waren für das Ertragswachstum ausschlaggebend. Die Mieterträge nahmen aufgrund der Anbindung der Geschäftsmieten an die Teuerung und durch die Erhöhung des Referenzzinssatzes bei den Wohnungsmieten zu. Andererseits haben wir die umfassende Modernisierung der Liegenschaft an der Bellerivestrasse 36 direkt am Zürichsee abgeschlossen. Das vollvermietete Bürogebäude generiert seit dem dritten Quartal wieder Erträge. Und in Bülach ZH haben wir die Jagdschiessanlage Widstud im Sommer an die Betreibergesellschaft übergeben. Die Spezialimmobilie ist seither ebenfalls ertragswirksam.
Mit einer kumulierten Leerstandsquote von 1.7% belegen wir im Branchenvergleich einen Spitzenplatz
Marc Frei, CFOBei den Geschäftsflächen übersteigt das Angebot die Nachfrage. Wie hat sich die Leerstandsquote entwickelt?
Die kumulierte Leerstandsquote lag bei 1.7% und damit nur leicht über dem Wert des Vorjahres. Im Branchenvergleich belegen wir damit weiterhin einen Spitzenplatz. Neben der BLS als neuem Ankermieter für unsere Liegenschaft an der Freiburgstrasse in Bern haben wir auch für die frei gewordenen Flächen im ehemaligen UPC-Gebäude Richtiring in Wallisellen ZH erfolgreich grössere Mietverträge abgeschlossen, sodass für rund zwei Drittel dieser Flächen bereits nahtlos neue Mieter einziehen werden. Auch an der Zollikerstrasse und an der Kalchbühlstrasse in Zürich haben wir attraktive Grosskunden gewonnen, welche die Flächen in den beiden Liegenschaften übernehmen. Insgesamt haben wir im Berichtsjahr Mietverträge für rund 52 200 m2 abgeschlossen.
Allreal bewirtschaftet das Portfolio aktiv. Was heisst das?
Unser Portfolio besteht aus hochwertigen Geschäftsliegenschaften an urbanen Verkehrszentren und Wohnliegenschaften in den Metropolitanregionen Zürich und Genf. Wir optimieren die Ertrags- und die Kostenseite unserer Anlageobjekte stetig mit dem Ziel, stabile Cashflows zu erwirtschaften. Ein ausgezeichnetes Beispiel dafür ist die bereits erwähnte Liegenschaft an der Bellerivestrasse 36, wo wir nach dem Umzug des früheren Mieters in unsere Liegenschaft an der Hardstrasse 299/301 dank unserem Wissen als Eigentümer und unseren Entwicklungs- und Realisierungskompetenzen ein nachhaltiges Referenzobjekt erstellt haben. Zur aktiven Bewirtschaftung gehört aber auch die laufende Überprüfung des Portfolios. In Urdorf ZH haben wir uns im ersten Halbjahr von einer Geschäftsliegenschaft getrennt, die nicht mehr in unser Portfolio passte. Und im zweiten Halbjahr veräusserten wir je eine Wohnliegenschaft in Oberglatt ZH und in Allschwil BL. Insgesamt erzielten wir aus diesen Verkäufen einen Erfolg von CHF 5.8 Mio.
Im Segment Entwicklung & Realisation ist der Erfolg derweil rückläufig. Was sind die Gründe?
Im letzten Jahr erzielten wir in diesem Segment einen Erfolg aus Geschäftstätigkeit von CHF 37.7 Mio. nach CHF 54.6 Mio. im Vorjahr. Einerseits ist das tiefere Resultat auf geringere Erträge aus neuen Projekten in der Realisation zurückzuführen. Andererseits war 2022 massgeblich von einem Einmaleffekt aus dem Verkauf einer Entwicklungsreserve geprägt. Das abgewickelte Projektvolumen lag bei CHF 263.5 Mio. Trotz dem tieferen Volumen erzielten wir eine stabile Bruttomarge aus Drittprojekten von 10.6%. Dies zeigt, dass wir auch in einem anspruchsvollen Marktumfeld unsere Projekte sehr profitabel realisieren und das Risikomanagement konsequent umsetzen.
«Das Rieter-Areal verfügt langfristig über attraktives Entwicklungspotenzial und generiert bereits seit Eigentumsübertragung stabile Erträge. Wir stehen also nicht unter Zeitdruck.»
Allreal verkauft auch Wohnungen aus eigener Entwicklung. Welchen Beitrag zum Erfolg des Segments resultierte daraus?
Aus dem Verkauf von Stockwerkeigentum erzielten wir 2023 insgesamt einen Erfolg von CHF 7.1 Mio. Beim Projekt Spiserstrasse in Zürich Albisrieden waren per Ende Jahr von insgesamt 63 Eigentumswohnungen 49 Einheiten reserviert und 45 beurkundet. Der Erfolgsbeitrag aus den Verkäufen aus dem Projekt wird in den Jahren bis zur Fertigstellung 2025 höher als im Berichtsjahr ausfallen. Weitere Verkaufserfolge erzielten wir mit den Projekten Avenue du Cimetière in Petit-Lancy GE und Route du Pas-de-l’Echelle in Veyrier GE. Der Erfolgsbeitrag aus dem Verkauf von Stockwerkeigentum fällt jeweils unregelmässig an, da Entwicklungsprojekte über eine längere Zeit realisiert werden.
Die Entwicklungsreserven sind gut gefüllt. Zuletzt hat Allreal in Winterthur ein grosses Areal akquiriert. Gibt es bereits konkrete Pläne dafür?
Von der Maschinenfabrik Rieter haben wir 2023 ein 75 000 m2 grosses Areal in Winterthur Töss erworben. Es bildet einen Schwerpunkt im Entwicklungskonzept 2040 der Stadt und ist dank der nahe gelegenen Bahnstation, mehreren Bushaltestellen und einem Autobahnanschluss verkehrstechnisch hervorragend erschlossen. Das Areal verfügt somit langfristig über attraktives Entwicklungspotenzial und generiert bereits seit Eigentumsübertragung stabile Erträge. Wir stehen also nicht unter Zeitdruck. Langfristig soll es zu einem attraktiven Quartier entwickelt werden. Als nächstes stehen aber die Promotionsobjekte Strubenacher in Zumikon ZH, wo wir voraussichtlich ab 2025 insgesamt 19 Reiheneinfamilienhäuser realisieren werden, und Eggen im Luzerner Büttenen-Quartier im Fokus, wo wir ebenfalls 2025 mit dem Baubeginn für die 76 Eigentumswohnungen planen. In der Westschweiz haben wir im letzten Jahr ein Entwicklungsprojekt an der Avenue du Curé Baud in Grand-Lancy GE an die Realisation übergeben. Da entsteht bis 2025 eine Liegenschaft mit 13 Eigentumswohnungen.
«Künftige Investitionen können wir selber steuern.»
Die Entwicklung der Projektpipeline wird auch etwas kosten. Wie ist Allreal auf der Finanzierungsseite aufgestellt?
Mit dem Verkauf von drei Liegenschaften haben wir im vergangenen Jahr die Capital-Recycling-Strategie fortgeführt, dadurch die Bilanz gestärkt und weitere Investitionen in die Entwicklungspipeline vorgenommen. Im April emittierten wir unseren ersten Green Bond über einen Betrag von CHF 150 Mio. und einer Laufzeit bis 2028. Mit einer Eigenkapitalquote per 31. Dezember 2023 von 44.5% und einem Net Gearing von 105.3% fühlen wir uns grundsätzlich wohl. Zudem können wir die künftigen Investitionen selber steuern.
Und wie läuft es mit den Bauprojekten?
In Winterthur haben wir Anfang 2024 den neuen Hauptsitz von Rieter erfolgreich an die Bauherrschaft übergeben. Auf dem rund 30 000 m2 grossen Campus vereint der Komplex ein Kundenzentrum, Flächen für die Produkt- und Technologieentwicklung sowie für die Verwaltung. Ebenfalls 2024 wird das aktuell grösste Bauprojekt in der Westschweiz fertiggestellt. Die Clinique de Genolier wird auf vier Geschossen Laboratorien, Operationssäle, Behandlungszimmer für Strahlentherapie, ein Auditorium, ein Informationszentrum, Büroflächen und ein Parking anbieten. Und auch beim Bau des neuen Calatrava-Gebäudes am Bahnhof Stadelhofen stellen wir unsere Realisationskompetenz unter Beweis. Dank den intensivierten Akquisitionsbemühungen haben wir im Berichtsjahr verschiedene Auftragsgewinne verzeichnet. Der gesicherte Arbeitsvorrat lag per Ende Jahr bei CHF 565 Mio.
«Das gute operative Unternehmensergebnis im Geschäftsjahr 2023 bestätigt, dass die Gruppe auch in einem herausfordernden Umfeld gut aufgestellt ist. Bereinigt um den Neubewertungseffekt, resultierte ein Ergebnis von CHF 122.0 Mio.»
Ralph-Thomas Honegger,
Präsident des Verwaltungsrates